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University of Zurich · bei alle rational entscheiden, ist ihr Verhalten vorhersehbar und damit...

Date post: 13-Oct-2020
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University of Zurich Zurich Open Repository and Archive Winterthurerstr. 190 CH-8057 Zurich http://www.zora.uzh.ch Year: 2009 Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrten Entscheidungen Keita, E; Rüegg, N; Menzi, R; Freitag, A Keita, E; Rüegg, N; Menzi, R; Freitag, A (2009). Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrten Entscheidungen. HR Today: das Schweizer Human Resource Management-Journal, (5):51. Postprint available at: http://www.zora.uzh.ch Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich. http://www.zora.uzh.ch Originally published at: HR Today: das Schweizer Human Resource Management-Journal 2009, (5):51.
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Page 1: University of Zurich · bei alle rational entscheiden, ist ihr Verhalten vorhersehbar und damit lenkbar. Doch was, ... wer weiss, ob die neue Methode wirklich besser ist» und erlie-gen

University of ZurichZurich Open Repository and Archive

Winterthurerstr. 190

CH-8057 Zurich

http://www.zora.uzh.ch

Year: 2009

Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrtenEntscheidungen

Keita, E; Rüegg, N; Menzi, R; Freitag, A

Keita, E; Rüegg, N; Menzi, R; Freitag, A (2009). Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrtenEntscheidungen. HR Today: das Schweizer Human Resource Management-Journal, (5):51.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich.http://www.zora.uzh.ch

Originally published at:HR Today: das Schweizer Human Resource Management-Journal 2009, (5):51.

Keita, E; Rüegg, N; Menzi, R; Freitag, A (2009). Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrtenEntscheidungen. HR Today: das Schweizer Human Resource Management-Journal, (5):51.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich.http://www.zora.uzh.ch

Originally published at:HR Today: das Schweizer Human Resource Management-Journal 2009, (5):51.

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Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrtenEntscheidungen

Abstract

Was wir einmal haben, geben wir so schnell nicht mehr her - auch wenn das rational betrachtet diebessere Lösung wäre. Dass Menschen in bestimmten Situationen nicht mehr rational entscheiden, liegtan den so genannten Entscheidungsanomalien. Eine Studentengruppe der Universität Zürich untersuchtein unserer Miniserie deren Einfluss.

Page 3: University of Zurich · bei alle rational entscheiden, ist ihr Verhalten vorhersehbar und damit lenkbar. Doch was, ... wer weiss, ob die neue Methode wirklich besser ist» und erlie-gen

Anomalien verleiten Menschen zu rational verzerrten EntscheidungenWas wir einmal haben, geben wir so schnell nicht mehr her – auch wenn das rational betrachtet die bessere Lösung wäre.

Dass Menschen in bestimmten Situationen nicht mehr rational entscheiden, liegt an den so genannten Entscheidungs-

anomalien. Eine Studentengruppe der Universität Zürich untersuchte in unserer Miniserie deren Einfluss.

Menschen treffen tagtäglich Entscheidungen: unbedeutende wie «Was esse ich zum Früh-stück?» oder wichtige wie «Bei welchem Un-ternehmen soll ich arbeiten?». Doch es sind nicht nur die eigenen Entscheidungen, die unser Leben beeinflussen, sondern auch die Entscheidungen anderer. Diese wechselsei-tige Abhängigkeit besteht naturgemäss auch in Unternehmen. Mitarbeiter treffen Ent-scheidungen, die Auswirkungen für den ganzen Betrieb haben, Unternehmenslei-tungen treffen Entscheidungen, die den ein-zelnen Mitarbeiter beeinflussen. Solange da-bei alle rational entscheiden, ist ihr Verhalten vorhersehbar und damit lenkbar. Doch was, wenn Menschen nicht rational denken und handeln?

Tatsächlich tun sie es nicht. Vielmehr sind rational verzerrte Entscheidungen – so genannte Entscheidungsanomalien – eher die Regel als die Ausnahme. So handeln Men-schen beispielsweise nach dem Motto «Was ich einmal besitze, gebe ich nicht wieder her» – ein Phänomen, das als Besitztumseffekt (BE) bezeichnet wird. Oder sie sagen: «Ich mache das lieber so wie immer; wer weiss, ob die neue Methode wirklich besser ist» und erlie-gen damit dem Status Quo Bias (SQ), also der Neigung zum Bestehenden. Auch die Aussage «Das neue Produkt hat uns bisher nur Verluste eingebracht, also müssen wir noch mehr Geld in das Produkt stecken, damit es kein Flop wird» ist irrational und kennzeichnet die so genannte Verlustaversion (VA).

Eintrittspforten für Entscheidungs-anomalien im HRM

Die betriebswirtschaftlich negativen Konse-quenzen solcher nicht rationalen Entschei-dungen können immens sein. Das Beispiel zur Verlustaversion weitergedacht, könnte in einer Unternehmenspleite enden. Fest steht: Wo Menschen sind, können solche Entschei-dungsanomalien (EA) auftreten. Für Unter-nehmen ist es daher wichtig zu wissen, in welchen Situationen das Auftreten besonders wahrscheinlich ist. Daher wurden HR-Exper-ten befragt, in welchen Bereichen ihrer Erfah-rung nach Entscheidungsanomalien beson-ders häufig sind und welche Konsequenzen sich daraus für das HRM ergeben.

Es sollten Eintrittspforten für Entscheidungs-anomalien in den folgenden sechs HR- Bereichen lokalisiert werden: HR-Strategie, Beschäftigung, Beurteilung, Anreizsystem, Entwicklung und Administration. Der Befra-gung zufolge sind nicht alle HR-Bereiche gleich anfällig für Entscheidungsanomalien:

90 Prozent der Befragten gaben an, dass Ent-scheidungen im Bereich Beschäftigung be-sonders anfällig für alle drei genannten Ano-malien (SQ, BE und VA) seien.

In allen Bereichen sei insbesondere auf den Status Quo Bias zu achten, da alle Be-fragten diese Anomalie am häufigsten und bereichsunabhängig beobachtet haben. So würden beispielsweise bei der Neubesetzung von Positionen gern Charaktere oder äussere Merkmale, die dem Charakter oder den äus-seren Merkmalen des bisherigen Stelleninha-bers entsprechen oder ähnlich sind, bevor-zugt. Typisch sei auch, dass sich die aktuelle Leistungsbeurteilung stark an der vorherigen orientiere – etwa nach dem Motto «Wer ein-mal gut bewertet wurde, der bleibt gut». Eine Aversion gegenüber Neuem zeige sich auch im Verhalten bestehender Mitarbeiter gegen-über neuen: 50 Prozent der Experten beobach-teten bereits, dass neue Mitarbeiter, die nicht in das bestehende Gruppenbild passten, von der Gruppe ausgeschlossen wurden, weitere 40 Prozent hielten ein solches Verhalten für sehr wahrscheinlich.

Im Bereich Anreizsysteme wurde der Be-sitztumseffekt als zentraler Einflussfaktor erkannt: So sollte man es sich vorher lieber zweimal überlegen, bevor man Mitarbeitern eine grosse Lohnzulage bietet. Will man sie später wieder streichen oder kürzen, könnten sich daraus Probleme ergeben, denn ein Schritt zurück ist meist schmerzhaft. Rund 90

Prozent der Experten bestätigten, dass Mitar-beiter auf die Wegnahme von Fringe Benefits mit Unzufriedenheit reagierten. Und zwar auch dann, wenn ihnen dafür ein gleichwer-tiger monetärer Ersatz geboten wurde.

Entscheidungen im administrativen Be-reich wurden eindeutig als am wenigsten an-fällig benannt. Die Verlustaversion wurde grundsätzlich nicht als entscheidender Effekt erachtet. Verstärkt auftreten könne sie nach Meinung der Experten im Bereich Entwick-lung: So könnte ein Vorgesetzter dazu tendie-ren, einen fähigen, qualifizierten Mitarbeiter aus Angst, seine eigene Position zu gefährden, nicht zu befördern.

Grössere Komplexität begünstigt verzerrte Entscheidungen

Entscheidungsanomalien scheinen also aus Expertensicht in einigen HR-Bereichen weni-ger wahrscheinlich zu sein als in anderen – der Beschäftigungs- und der Beurteilungsbe-reich gelten im Gegensatz zum administra-tiven Bereich als besonders anfällig. Diese Diskrepanz könnte in der unterschiedlichen Komplexität der Entscheidungen begründet sein, die in diesen Bereichen getroffen wer-den. Während im administrativen Bereich eher standardisierte Abläufe zu erwarten sind, ist beispielsweise der Beurteilungsbe-reich durch viele Freiheitsgrade im Entschei-dungsprozess gekennzeichnet.

Demnach wächst mit der Komplexität auch die Gefahr von Fehlentscheiden in Folge von Entscheidungsanomalien. Je nachdem, in welchem HR-Bereich diese auftreten und ob auf Seiten der Mitarbeiter oder des Manage-ments, hat das HRM unterschiedliche Mög-lichkeiten, um den negativen Konsequenzen entgegenzuwirken. So können beispielsweise externe Spezialisten für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter beauftragt werden.

Das beste und zugleich günstigste Mittel gegen durch Entscheidungsanomalien her-vorgerufene Fehlentscheide ist jedoch, dass sich jeder Entscheidungsträger der Möglich-keit des Auftretens von Anomalien bewusst ist und sein eigenes Verhalten regelmässig da-raufhin hinterfragt.

� Enguenye�Keita,�Nadine�Rüegg,�� Roman�Menzi�und�Angela�Frei.

Mitarbeiter reagierten mit Unzufriedenheit auf die Weg- nahme von Fringe Benefits, auch wenn ihnen dafür gleich-wertiger monetärer Ersatz geboten wurde.

HR Today Das Schweizer Human Resource Management-Journal

Auszug aus HR Today 5/2009


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