Fakultät ETIT, Institut für Automatisierungstechnik, Professur für Prozessleittechnik
SS 2012, 05.06.2012 Dipl.-Ing. M. Obst Dipl.-Ing. F. Doherr Prof. Dr.-Ing. L. Urbas
CAE in der Prozessautomatisierung Engineeringdaten im Lifecycle
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Ausgangspunkte
Herausforderungen: • Engineering von Anlagen ist ein stark arbeitsteiliger und
interdisziplinärer Prozess in Phasen umfangreiche Abhängigkeiten in den Organisations- und
Datenstrukturen • für die Anlagenplanung zugestandenen Zeiten werden immer
kürzer und die Qualitäts-, Sicherheits- und Umweltanforderungen steigen stetig Effizienzsteigerung, d.h. Kosten- und
Aufwandsminimierung bei gleichzeitiger Verbesserung der Arbeitsleistungen und Ergebnisse
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Ausgangspunkte
Lösungen: • Beschäftigung von mehr qualifizierten Mitarbeitern
Kosten und Qualifizierungsaufwand entstehen • Auslagerung von Engineeringleistungen (z.B. in Package Units)
Änderungsverfolgung, -kontrolle und Datenintegration notwendig
• Übergang von einer streng chronologischen zu einer in einem gewissen Maße simultanen (concurrent) Vorgehensweise Änderungsverfolgung und –kontrolle notwendig
(Management of Change; Revisionsüberwachung) semantischen Abhängigkeiten müssen zeitlich entkoppelt
werden, um Inkonsistenzen der Daten zu verhindern Iterationsschritte werden notwendig
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Ausgangspunkte
Lösungen: • Verwendung von besseren (moderneren) Werkzeugen
Kosten und Qualifizierungsaufwand entstehen Etablierungssicherheit muss hinterfragt werden
• (Wiederverwendung von vorhandenen Planungsergebnissen aus Vorprojekten)
• Nutzung von Standardrealisierungen über mehrere Engineeringphasen (Typicalkonzepte) Engineeringaufwand vor eigentlicher Projektbearbeitung
entsteht • Verbesserung der Weiterreichung (Integration) von
Daten und Informationen im gesamten Lebenszyklus Anpassung von CAE-Systemen und Entwicklung
Integrationskonzepten notwendig
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Problemstellungen für Datenintegration
• Engineeringdaten und deren Informationsfluss sind an viele Anforderungen und Randbedingungen gebunden Datenrepräsentation zeitlichen Integration über alle Lebensphasen
Aktualität und Wiederverwendbarkeit Informationssuche und -bereitstellung eine Vielzahl spezialisierter und gewerkespezifischer
CAE-Systeme müssen zum Einsatz kommen
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Datenrepräsentation
• Datenrepräsentation unterschiedliche Orte
unterschiedliche Formate
in den Köpfen der Ingenieure
auf Dokumenten in elektronischer und Papierform
in Datenbanken basierend auf verschiedensten Datenmodellen
DB
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zeitliche Integration
Vorgaben (Prozess, Zeit, Finanzen,…)
Pläne, Anleitungen, Checklisten, …
Anlagen- & Prozessdaten,
Instandhaltungsvor-gaben, …
eingesetzte Stoffe und Materialen, Montagepläne,…
Handbücher, Protokolle, …
Gerätezustände, „Anlagen-
geschichte“,… gewerkeübergreifende
Engineeringdaten
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zeitliche Integration
• Aktualität und somit Qualität von Informationen und Daten sind bei fehlender Integration und schlechter Informationsbereitstellung sehr mangelhaft unternehmerische und planerische Entscheidungen
werden dann auf überholten, fragmentarischen und inkonsistenten Daten getroffen und führen dann zu Fehlinvestitionen und erheblichen Mehraufwand in Folgephasen
Zeitliche Integration und ein gutes Changemanagement können Investitions- und Planungssicherheit verbessern CAE-Systeme sollten dazu beitragen können
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Informationssuche und -bereitstellung
„Durchschnittlich 67 Minuten am Tag suchen Mitarbeiter europäischer Unternehmen nach Informationen. Bei einem mittelgroßen Betrieb mit 1000 Mitarbeitern und einem durchschnittlichen Gehalt von 50 000 Euro summieren sich die Kosten der ineffizienten Informationssuche auf acht Millionen Euro pro Jahr.“ (Bittermann, 2008)
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CAE-Werkzeugvielfalt
• in allen Lifecycle-Phasen kommen eine Vielzahl unterschiedlichster CAE-Systeme zum Einsatz (Je nach Gewerk, eigene, auf ihre Umgebung optimierte CAE- Systeme) Einsatzgründe:
hist. großer Marktanteil und weite Verbreitung
Speziallösungen; besondere Funktionen (features)
Zwang (z.B. teilweise bei Entwicklungsumgebungen von Steuerungen)
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CAE-Werkzeugvielfalt
• … Vielzahl unterschiedlichster CAE-Systeme …
Verfahrensentwicklung: Simulationswerkzeuge zur Prozessmodellierung wie z.B. AspenPlus, UniSim, Matlab
Apparate- und Rohrleitungsplanung: Konstruktionswerkzeuge wie z.B. AutoCAD, MicroStation, PDS 3D
Instrumentierung (PLT-Hardware): Spezifikation und Planung der EMSR-Technik mit z.B. SmartPlant Instrumentation, Comos, PRODOK
Instrumentierung (PLT-Software): Steuerungs- und Regelungsprogrammentwurf mit z.B. logiDOC, Comos,
Elektroplanung: Planung der Energieversorgung und –verteilung mit z.B. EPLAN, SmartPlant Electrical, Comos
weitere für bspw. die Konfiguration der Feldgeräte und Steuerungen und die Instandhaltung der Anlage
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Datenintegration
Datenintegration in CAE-Systeme notwendig um die Daten im Lifecycle einer Anlage zur Verfügung zu haben
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Datenintegration
• Möglichkeiten der Datenübertragung
worst case: Datenübernahme per Hand
average case: Generierung der Daten aus übergebener Datenbank
best case: konsistente und gewerkeübergreifende Datenhaltung über den gesamten Anlagenlebenszyklus
• Ansätze zur digitalen Datenintegration
Punkt-zu-Punkt Integration
zentrales Data Warehouse verteiltes Data Warehouse
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Datenintegration-Lösungsansätze
• Punkt-zu-Punkt Integration jede CAE-Anwendung besitzt eigene Datenhaltungskomponente
und je eine direkte Schnittstelle zu anderen CAE-Anwendungen
Vorteil: keine Absprache zwischen Herstellern der Tools notwendig Nachteile: Einbinden neuer Tools bzw. Toolupgrade sind sehr
aufwändig, Änderungen schwer zu verwalten und nachvollziehbar sehr unflexibel und teure Pflege Integrationspunkte
CAE-Tool K
CAE-Tool B
CAE-Tool Z
CAE-Tool H
CAE-Tool A DB
DB DB
DB
DB
n*(n-1) Schnittstellen
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Datenintegration-Lösungsansätze
• zentrales Data Warehouse zentralisierte Datenintegration mittels einer Datenbank
MOAD „Mother of all Databases“
Vorteile: ein Datenmodell für alle Anwendungen, Datenstand ist immer konsistent
Nachteile: Komplexität der Datenmodelle (Anpassungen aufwändig), Performanceschwierigkeiten (Datenbankauslastung, Datenübertragung), Modularität eingeschränkt (neue Tools (Module) müssen direkt auf zentraler Datenbank aufsetzen)
CAE-Tool A CAE-Tool H CAE-Tool K CAE-Tool B CAE-Tool Z
Data Warehouse (MOAD) 2*n Schnittstellen
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Datenintegration-Lösungsansätze • verteiltes Data Warehouse
dezentrale Datenhaltung jedes CAE-Tools und Integration über eine zentrales Data Warehouse mittels Adapter
Vorteile: Datenmodelle der Anwendungen können unterschiedlich sein, Ankopplung neuer Tools bzw. Toolupgrades nur auf Adapterebene
Nachteil: ständig konsistenter Datenstand nicht garantiert
CAE-Tool A CAE-Tool H CAE-Tool K CAE-Tool B CAE-Tool Z
Data Warehouse
DB A DB A DB A DB A DB A
2*n Schnittstellen
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SmartPlant Enterprise
Application
Application Application
Application
SmartPlantFoundation
Applikation für verteiltes Data Warehouse
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Datenintegration-Lösungsansätze
Normenansätze zahlreiche Ansätze wurden in den letzten 2 Jahrzehnten verfolgt
den Austausch von Informationen und Daten zu standardisieren Vereinheitlichung des Datenmodells (Datenhaltung) zentrales Data Warehouse
Vereinheitlichung des Datenaustausches verteiltes Data Warehouse
STEP (ISO 10303) ISO 15926 CAEX
PandIX
NE 100
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ISO 15926 - Einführung
„Vertreter“ des verteiltes Data Warehouse – ISO 15926 • „The purpose of this International Standard is to facilitate
integration of data to support the life-cycle activities and processes of oil and gas production facilities.
• To do this, this International Standard specifies a data model that defines the meaning of the life-cycle information in a single context
• supporting all the views that process engineers, equipment engineers, operators, maintenance engineers and other specialists may have of the facility.“ (ISO 15926-1, S.)
Integration, Sharing, Exchange, and Hand-over of Plant Life-cycle Information
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ISO 15926 - Aufbau
• ISO 15926 besteht aus 11 Teilen Teil 1: Überblick und Prinzipien Teil 2: Datenmodell Teil 3: Referenzdaten für Geometrie und Topology Teil 4, 5, 6: Referenzdaten Teil 7: Umsetzung mit Templates Teil 8: Umsetzung mit Semantic Web Technologien Teil 9: Implementierung Teil 10: Test Methoden Teil 11: Industrial Usage Guidelines
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Teil 1: Überblick und Prinzipien
• Ziele des Standards: - Verwaltung der Informationsanforderungen der Prozessindustrie
und Integration der Informationen entlang aller beteiligten Gewerke
- Definition eines generisches Datenmodels, welches die aufkommenden Daten in allen Phasen eines Anlagen-Lebenszyklus abdecken soll
- Erstellung von allgemein gültigen Referenzdaten
- Definition von Prozeduren zur Pflege und Erweiterung der Referenzdaten
- Methoden zur Entwicklung von Vorgaben zum Datenaustausch (Mapping) zwischen dem Datenmodel und externen Daten
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Teil 1: Überblick und Prinzipien
• Process plant life-cycle activity model Ein alter Bekannter
(ISO 15926-1)
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Teil 1: Überblick und Prinzipien
• Begriffsdefinitionen: (Beispiele) • Individual
thing that exists in space and time • Reference Data
process plant life-cycle data that represents information about classes or individuals which are common to many process plants or of interest to many users
• Data Warehouse data store in which related data are merged to provide
an integrated set of data containing no duplication or redundancy of information, an which supports many different application viewpoints
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Teil 2: Datenmodel
• Beschreibung 201 verschiedene Entitäten inklusive deren Attribute
• Entitäten sind in hierarchischen Strukturen gliederbar
• Attribute sind Verweise auf weitere Entitäten oder Datentypen
• Relationen und Aktivitäten werden definiert und präsentieren wieder Entitäten
• Wurzel ist das Element „thing“
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Teil 2: Datenmodel
Diagrammtypen
• Space-time Maps Darstellung konkret existierende
Instanzen im Datenmodell
• Model Diagrams Beschreibung der Beziehung zwischen
den einzelnen Entitaten.
• Instance Diagrams Erklärung durch Beispiele
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Teil 4: Referenzdaten
- Referenzdatenbibliothek zur Darstellung von „Standard“elementen - Pipe; Valve; Pumpe - frei verfügbar
- http://www.tc184-sc4.org/ts/15926/-4/ed-
1/tech/rdl/
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Teil 9: Umsetzung
• Facaden - sollen den netzwerktransparenten Zugriff auf Anlagendaten ermöglichen
- Schnittstellen gegen die eine Nutzeranwendung kommuniziert
- Webserver mit einheitlicher API
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ISO 15926 - Anwendung
- Intergraph hat mit Statoil in der Umgebung „SmartPlant
Foundation“ die ISO 15926 implementiert
- Bentley biete mit „OpenPlant“ eine Sammlung von Anwendungen,
deren Datenformat ISO 15926 konform sind
- Aveva - Aveva Plant
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Kritik an ISO 15926
• B. Smith (2006) Against Idiosyncrasy in Ontology Development • ISO 15926 ist keine Ontologie, sondern lediglich ein schlecht
definiertes Datenmodell • ISO 15926 verletzt
The principle of intelligibility The principle of openness The principle of simple tools The principle of re-using available resources The principle of terminological moderation The principle of intelligible definitions The principle of terminological coherence The principle of compositional term construction …
• Kritik an der Kritik
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CAEX - Einführung
• Motivation: Fehlen eines einheitlichen und eingeführten Datenaustauschformates
zwischen Gewerken der Verfahrens- und Prozessleittechnikplanung
• Neutrales Datenformat zu Speicherung hierarchischer Objektinformationen hersteller- und werkzeugunabhängig, jeden Zwischenstand im Anlagenentwicklungszyklus korrekt abbilden unterschiedliche Workflows unterstützen, objektorientierte Konzepte unterstützen, Bibliothekskonzepte (Anwender-, Hersteller- und Projektbibliotheken)
unterstützen,
• Entstanden an RWTH Aachen (Prof. Epple) in Zusammenarbeit mit ABB Forschungszentrum Ladenburg
• Entwicklungen sind in IEC 62424 eingeflossen
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CAEX - Anwendung
• zur Definition von: Anlagentopologien Dokument- oder Produkttopologien
• theoretisch aber auch: z.B Stammbäume Alle hierarchischer Strukturen lassen sich abbilden
• Implementierungen in: PandIX AutomationML
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CAEX - Aufbau
• basiert auf XML und ist als XML-Schema definiert (xsd-Datei)
Grundbestandteile des CAEX-Datenmodells (Mayr&Draht atp 05/07)
• R&I Element lassen sich in Klassen einteilen
• Gliederung in Schnittstellen-, Rollen- und Unit Bibliotheken
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CAEX - Aufbau
• Beispiel anhand eines PCE request
Auszug eines R&I Modells (Mayr&Draht atp 05/07)
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CAEX - Aufbau
• Beispiel anhand eines PCE request – Umsetzung in XML
Auszug eines R&I Modells (Mayr&Draht atp 05/07)
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PandIX - Überblick
• Metamodell zur Beschreibung der funktionalen Struktur einer verfahrenstechnischen Anlage basierend auf CAEX
• Geht auf spezielle Zusammenhänge und Elemente der verfahrenstechnischen Anlagen ein
P&I-Diagramm speziell für die Belange der Automatisierungstechnik ansehen