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Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academyof Sciences in Prague
Umění baroka v Havlíčkově Brodě (Čas zápasů a bojů) by Ivo KořánReview by: Michal ŠroněkListy filologické / Folia philologica, Vol. 121, No. 3/4 (1998), pp. 409-412Published by: Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy ofSciences in PragueStable URL: http://www.jstor.org/stable/23467428 .
Accessed: 14/06/2014 20:41
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Listy filologicke CXXI, 1998, 3-4 RECENZE
beit positiv bewerten, vor allem deshalb, daß sie sich methodisch einigermaßen in
einer anderen Richtung bewegt, als es bei
uns beim Studium der Alltagsgeschichte üblich ist, d. h. daß die Verarbeitung se
rienhafter Quellen (Nachlaßinventaren) bei Ausnützung von Quantifikationsme thoden andere Quellen sowie Arbeits
vorgänge ersetzt, die bis zum Gebiet von
Medizin, Psychologie, Soziologie usw.
eingreifen.
Olga Fejtova (Praha)
Ivo Koran, Umöni baroka ν Havlicko
ve Brode (Cas zäpasü a bojü). In: Havlickobrodsko. Vlastivedny sbor
nik 6, Havlicküv Brod 1992, S. 1-34.
Korans Studie Kunst des Barocks in
Havlicküv Brod (Zeit der Treffen und
Kämpfe) ist eine weitere Arbeit des Au
tors, in der er sich ausführlich mit der
Entwicklung der Kunst und der Kultur in
Städten, Klöstern sowie Kirchen in der
Epoche des Barocks befaßt. Vor der Stu
die über Havlicküv Brod hat der Autor
einen Aufsatz über die Kirche des Heili
gen Klements in Mirovice, dem Kloster
und die Kirche des Heiligen Größeren
Kreuzes in Prag sowie über "die Kunst
und die Künstler" der ostböhmischen
Stadt Hradec Krälove verarbeitet.1 Der
Autor wählt immer solch ein Material, das es ihm erlaubt, der bezüglichen Loka
' I. Koran, Mirovicky kostet jv. Klimen
ta ν baroku, in: Umeni 15, 1967, S. 410 ff.;
ders., Cyriacky kostel α chräm sv. Knie Vet
siho ν baroku, in: Urnen; 16, 1968, S. 173
195; ders., Umeni α umelci baroka ν Hradci
Krälove, in: Umeni 19, 1971, S. 36-69, 136
189.
lität im Verlauf der gesamten Barockepo che zu folgen
- vom Beginn der Barock
kunst an, die in Böhmen mit dem Antritt
der katholischen Gegenreformation nach
1620 verbunden ist, über das kulminie
rende Barock, bis zu dessen Ausklingen und Abdämpfung in der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts. Der Autor nützt
immer voll seine tiefen Kenntnisse der
Archivquellen und des bewahrten Kunst
materials aus, zu dem ihn offenbar eine
tiefe Gefühlsbeziehung verbindet, daß
außer anderem durch einen hervorragen den Stil- und Kompositionsaufbau des
Textes ausgedrückt ist.
Der Aufsatz über Havlicküv Brod ist
in drei Grundkapitel verteilt: Stadt, Klo
ster, Ausgleich und Synthese, die mit ih
rer Zeitauffassung ungefähr drei Pha
sen der Entwicklung der böhmischen Ba
rockkunst entsprechen. Das Kapitel Stadt schildert den fast
militärischen Antritt der Barockkunst, die Hand in Hand mit der katholischen
Gegenreformation schnell die bisherige
utraquistische bürgerliche Kultur unter
drückte. So errichtet schon in den Jahren
1628-1630 der Jesuit P. Krenovius in der
Stadtkirche Altare des Heiligen Ignaz von Loyola und des Heiligen Franz Xa
ver. In der Zeit nach der Schlacht am
Weißen Berg ist die Rolle der Stadtintel
ligenz besonders interessant - des Bür
germeisters Johann Heinrich von Löwen
fels (erwähnt im Jahre 1662) und beson
ders des Dekans, Schriftstellers und spä ter Prager Weihbischofs Johann Ignaz
Dlouhoveskys, der vielleicht beim Ent
stehen des monumentalen Altars von
1661 im Tempel der Himmelfahrt Mariä
stand. Das ausgezeichnete Altarbild mal
te der bisher unbekannte Georg Adam
Payer aus Linz. Vor Payers Werk werden
wir uns einerzeit dessen bewußt, daß K.
Skreta nicht ein alleinstehender Gigant der frühen böhmischen Barockmalerei
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ist, sondern auch der Wirklichkeit, daB
bereits im 17. Jahrhundert in Bohmen
osterreichische Schopfer eingriffen. Stich
weise seien hier angefiihrt: M. Leuthner
aus dem tirolischen Hall, der in Český Krumlov tatig war, und G. Bachman, der
das Titelbild der Kirche des Heiligen Ni
kolaus in České Budějovice maltě.2
Im Jahre 1674 siedelten sich in Hav
líčkův Brod die Mitglieder des Ordens
der barfuBigen Augustiner an, die nach
bescheidenen Anfangen im Jahre 1679
die Kirche der Heiligen Familie zu er
bauen begannen, deren Bau bis zum Jah
re 1705 verlief. Zum einfachen, mit mas
siven Pilastern in der Frontwand geglie derten Kirchenbau errusteten die Monche - offenbar von den barockartig gothisie renden G. Santinis Bauten in Zeliv, Ždar
und Sedlec inspiriert, einen historisieren den Kleinbau des Gottesgrabs dazu. In
der Klosterkirche fesseln namentlich die
Bildhauer- und Schnitzlerarbeiten - ei
nerseits des Ordensbruders Philip a San
cto Hermanno, und namentlich des Ignaz Rohrbach. Ivo Kořán widmete diesem
Kiinstler, der ein hervorragender Reprá sentant der dramatischen, expressiven
Darstellung von Matthias Bernard Braun
ist, einen wesentlichen Teil seiner Studie.
Folgt Rohrbachs Werk von dessen Be
ginn an, bis zum Tod des Bildhauers im
Jahre 1647, als seine heftig flatternden
und tief durchschnittenen Plastiken ein
Stilanachronismus zu werden beginnen. Rohrbachs Nachfolger, der kiinstlerisch
schwáchere Václav Kovanda, bringt be
2 Zu M. Leuthner siehe: Umělecké pa
mátky Čech I, Praha 1977, S. 225. Zu G. Bachman siehe: A. und V. Berger, Obraz G. Bachmana Sv. Mikuláš navštěvuje ne
mocné, in: Výběr z prací členů historického kroužku při Jihočeském muzeu v Českých Budějovicích 8, České Budějovice 1971, S. 212 ff.
reits nach Havlíčkův Brod eine Beleh
rung einer eher klassizisierenden Rich
tung, die in Bohmen von der Schopfung des Prager Richard Prachner reprasentiert wurde.
Die Aneignung der Barockkunst im
biirgerlichen Milieu der Stadt wird von
der baulichen und Bestellungstatigkeit des Dekans Jan Vít Seidl (in Havlíčkův
Brod 1703-1736) dokumentiert, der den
Umbau der Kirche der Himmelsfahrt Ma
ria imitierte, der vom heimischen Archi
tekten Thomas Schopper durchgefuhrt
wurde, sowie die Ausmalung deren Kup
pel vom Prager Freskomaler Johann Ge
org Stevens von Steinfels (alles in den
Jahren 1705-1708). Das verhaltnismá
Big umfangreiche Werk des Architekten
und Baumeisters T. Schoppers, zahlrei
che Bestellungen, mit denen den heimi
schen Malér Jacob Pischel die Augusti ner Monche betrauen, zeigen, daB das
Barock wirklich in der urspriinglich utra
quistischen Stadt tief Wurzel gefaBt hat.
Ganz zum SchluB von Kořáns Arbeit fes
selt die Geschichte der Biirgerfamilie Sta
mitz, von der nicht nur einige heimische
Musiker und Malér abstammen, sondern
auch ihr bekanntestes Mitglied Johann
Wenzel Stamitz, der Griinder der Musik
schule in Mannheim.
Kořáns Studie ist eine sehr wertvolle
Arbeit, die in einer breiten Zeitspanne von fast zwei Jahrhunderten die Kultur
des Barocks im Milieu einer kleinen Stadt
in Bohmen festhalt. Sei hier angefuhrt, daB einige ahnliche, die regionale Kultur
des Barocks zeigenden Aktionen in der
Gegenwart, die nun von der ideologi schen Aufsicht befreit ist, erschienen sind.3
3 V. Přibyl, Umění baroka a 19. stole tí na Zlonicku, Slaný 1992; J. Royt, České nebe - topografie poutních míst barokních Cech a ikonografie českých zemských patro
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Kořáns Studie, wenn es ihr auch vorge worfen werden kann, daB ihr jede Bilder
begleitung fehlt, uberragt sie in vielen
Hinsichten. Der Autor niitzt trefflich sei
ne Kenntnisse nicht nur, was die Kunst
materie anbelangt, als auch, was die rei
chen Archivquellen betrifft. aus. Es ge
lingt ihm nicht nur mit zahlreichem Ma
terial hervorragender Qualitat die ver
tretene Epoche des kulminierenden Ba
rocks aufzunehmen, sondern auch detail
liert die Zeit der Anfange in den zwanzi
ger Jahren des 17. Jahrhunderts, deren
klassisches Auslauten, und die Transfor
mation in die biirgerliche Kultur einer
fast biedermeierlichen Behaglichkeit vor
zustellen. Problematisch ist Kořáns Stu
die in den der Schopfung des Bildhauers
Ignaz Rohrbach gewidmeten Passagen. Dieser Kiinstler gehčrt gemeinsam mit
den Mitgliedern der Familie Jelínek, Fr.
Adámek, Cechpauer, Ř. Thény, J. F. Pa
cák, und weiteren zu einer zahlreichen
ostbohmischen Gruppe der Nachfolger des gróBten Bildhauers des bohmischen
Barocks Matthias Bernard Braun. Kořán
schreibt von Rohrbachs bildhauerischem
Ausdruck: "Eine explosive und leiden
schaftliche Kunst, mitreifiende oder voli
Abscheu abgewiesen. Wir nehmen an,
dafi in ihr die Ganzenkraft des Barock
stils im Land iiberhaupt und im ketzeri
schen Ostbohmen besonders ausgedriickt worden war. Die gegenseitige Wirkung des Widerstands und des Drucks hat hier
bei einer riesiger Spannung eine Explo sion hervorgerufen
- ein Beweis der in
neren Machtigkeit und Lebensfahigkeit des Volks. "4 Kořán hat schon bei seinen
ná, Praha 1993; Ausstellung Barokní umění
Z kutnohorských sbírek v Jeneweinově gale rii v Kutné Hoře (1993) mit A. Jirkas vorbe
reitetem Katalog. 41. Kořán 1971 (s. Anm. 1), S. 17.
álteren Werken auf die seiner Meinung nach spezifische, regionale Parallele zwi
schen expressiver nachbraunischer Pla
stik und oft erscheinenden Auftreten
nichtkatholischer Háretiker in Ostboh
men hingewiesen. Schon fríiher hat der
Autor konstatiert, "dafi in der Parallele
der Bildhauerei und des Widerstands der
ketzerischen Gegend keine kausale Ver
bindung gesucht werden kann, sondern
dafi es sich um einen zweifachen - wie
immer scheinbar kontrastvollen - Aus
druck eines uns bisher verdeckten Ge
schehens handelt".5
In erster Reihe fallt es uns ein, ob der
Autor in einer schon 1976 geschriebenen Studie nicht der Atmosphare der Zeit un
terliegt mit jener Parallele der Bildhaue
rei und ob er durch das Antreten der Há
retiker es nicht versucht, etwas wie ein
ketzerischen Dissidententum anzuzeigen, das das katholische Antlitz der nachbrau
nischen Plastik durchwáchst. Auf der an
deren Seite kann der Leser in Kořáns Er
klárung der dramatischenbildhauerischen
Expression so etwas wie eine "Peitsche
gegen die Ketzer" suchen, was zu sehr
der primitiven These von dem MiBbrauch
der Kunst zur geistigen Unterjochung des
Volks, deren Fiirsprecher I. Kořán be
stimmt nicht nahekommt. Der Autor láBt
absichtlich die ganze Angelegenheit of
fen. Die Frage lautet jedoch, ob es iiber
haupt moglich ist, das Problém so zu for
mulieren. Ich bin námlich der Meinung, daB es hier zu einer unerwiinschten Ideo
logisierung des Problems kommt und
fíihre schon im Voraus an, daB meiner
Meinung nach dessen Losung eher auf
der Ebene der Geschichte der bildenden
31. Kořán, Raráš a šetek aneb braunov
ské sochařství východních Cech, in: Matyáš Bernard Braun (1684-1738), Praha 1988, S. 117.
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Kunst selbst beruht, als die in der Kom
petenz mit welch immer brillant sich aus
drückenden Kunstsprache der sozialen, kulturellen Geschichte.
Erlauben wir uns eine Exkursion in
die unlängste Geschichte der tschechi
schen Kunstgeschichte. Jaroslav Neu
mann schrieb in seinem Buch Malir
stvi 17. stoleti ν Cechäch, herausgegeben 1951 mit dem Untertitel Barokni realis
mus, "daß Heinschs realistische Kunst
(ähnlicherweise wie Skretas realistische
Kunst) bei aller Dienstbarkeit der feuda len katholischen Reaktion die Position
der unterdrückten Volksmaßen wider
gab und weiter, daß die gegenreforma torische Kirche das realistische Strömen
der frühen Barockmalerei zur "Gewin
nung und Überzeugung jener benützen
wollte, deren Standpunkt sie ursprüng lich abstieß".6 Ich nehme an, daß hier
dasselbe Modell des Dissidentismus der
Kunst oder die Vorstellung der Kunst als
Waffe einer riesigen expressiven Macht, mit der später
- selbstverständlich in ei
nem anderen ideellen und historischen
Zusammenhang - auch I. Koran argu
mentiert. Meine Nichtübereinstimmung mit Korans Zutritt zur Problematik der
ostböhmischen nachbraunischen Plastik
beruht nicht nur auf der gleichzeitigen
Ungunst zu Ideologien als solchen. Ich
glaube auch nicht, daß sich die Kunst
geschichte vor anderen historischen Dis
ziplinen abschließen sollte. Nichtsdes
toweniger nehme ich an, daß die Lösung des von Koran ausgesprochenen Pro
blems zu der Geschichte der bildenden
Kunst gehört. Insofern die regionale At
mosphäre Ostböhmens wirklich eine wie
immer verdeckte Parallele zwischen dem
6 J. Neumann, Malirstvi 17. stoleti ν Ce
chäch. Baroknirealismus, Praha 1951, S. 22
und 96.
ketzerischen Widerstand und der gedei henden Tätigkeit der bildhauerischen
Werkstätten bildet, würde sich dieser ge nius loci auch in anderen Kunstarten gel tend machen. Aber es ist ja zum Beispiel die gleichzeitige Malerproduktion dieser
Region mit dem Niveau der bildhaueri
schen Schöpfung qualitativ unvergleich lich. Ich bin deshalb der Meinung, daß
das Entstehen der ostböhmischen Bild
hauerschule an erster Stelle von der au
ßerordentlichen Kraft des von Braun ge
gebenen Beispiels verursacht wurde, das
auch auf anderen Gebieten Böhmens
nicht ohne Widerhall verblieb, sodaß das
"ostböhmische Phänomen" nicht so ganz vereinzelt bestand. Ich erwähne hier zum
Beispiel eine bisher noch wenig bekann
te Gruppe von Bildhauern, die auf dem
Gebiet unter dem Erzgebirge in Nord
westböhmen wirkt, zu den Matej Follin
ger, Jan Adam Dietz, Jan Vaclav Grauer,
Matyäs Kühnl, Jan Karel Vetter oder ein
anonymer Meister aus Teplice gehören.7 Michal Sronek (Praha)
Josef Forbf.lskv - Jan Royt - Mojmir
Horyna, Prazske jezulätko.
Praha, Aventinum 1992, 94 S., III.
Zum viertenmal in diesem Jahrhun
dert ist auf den Ladentischen unserer Buch
händler ein Buch über das Prager Jesus
kind, einer nicht großen Wachsfigur die
bei uns sowie auf der ganzen Welt ver
ehrt wird, erschienen. Während die Bü
cher Milostne prazske jezulätko von Fr.
Toupalik aus dem Jahre 1929 und Praz
ske jezulätko von Ant. Novotny aus 1948
7 O. J. Blazicek, Socharstvi baroku ν Ce
chäch, Praha 1958, S. 215-219.
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